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Pioniere beim KielLauf

Ein Kommentar von Kay Macquarrie

Der 31. Kiellauf war inklusiv. Ganz offiziell, mit Segen vom Deutschen Leichtathletik Verband. Es hat nur einunddreißig Jahre gedauert*. Aber dann ging alles überraschend schnell.

Noch bis kurz vor Start war die Devise: Geht alles nur mit Begleitperson! Weil, ein Teilnehmender im Rollstuhl kann rausfallen und dann liegt die Person auf der Straße herum. Hilflos. Atemlos. Daher die Begleitperson, die einem dann wieder ins Gefährt hilft. Nett und fürsorglich gedacht. Irgendwie auch.

Also hatten wir uns unsere Begleitpersonen schon organisiert. Bei mir hatte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer zugesagt, auf die Frage, ob er meine Begleitperson für den Kiellauf sein wolle.

Rolli Fahrer in der Menge

Unser Anliegen: Starten wie jede/r andere auch. Fotos inklusive Titelbild: Jan Dreckmann, Der PARITÄTISCHE Schleswig-Holstein

Doch plötzlich die freudige Kehrtwende vom Zippels Orgateam. Auf einmal ist die Begleitperson nur noch optional. Man sei in sich gegangen, habe noch mal nachgedacht und habe sich dann umentschieden. Das kommt für viele überraschend. Insbesondere wenn man sich die Historie vor Augen führt, die uns durch fast eineinhalbjährige schriftliche und verbale Auseinandersetzungen brachte. Unter anderem auch in den Amtssitz des Oberbürgermeister, an dem an langer Tafel handverlesene Männer (und eine Frau) aus Politik und Sport saßen, um sich dort nicht nur Freundlichkeiten auszutauschen.

Schwamm drüber. Jetzt hat die Stadt Kiel die erste inklusive Sportveranstaltung, an dem Laufende mit und ohne Behinderung gemeinsam an den Start gehen. Das ist in dieser Form einmalig für unsere Republik und gut so. Das gibt es sonst noch nirgendwo. Ein Hauch Pioniergeist weht durch die Landeshauptstadt! Und wir können uns freuen, nun offiziell und ganz natürlich mit dabei zu sein, wenn der nächste September naht und eine ganze Stadt für den Volkslauf auf den Beinen ist. Und wir mittendrin.

Aufruf: Der Kiellauf möge Schule machen für andere Läufe im Land. Für eine Willkommenskultur für alle. Das wäre was.

* Beim Boston Marathon hat es geschlagene 75 Jahre gedauert, ehe sich die erste Frau offiziell mit an den Start kämpfte. Das war 1972. An dieser Stelle herzlichen Dank an Kathrine Switzer (@KVSwitzer) für ein tolles Beispiel von Menschsein und Hartnäckigkeit.

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Comments

  1. Sabine Dittmann says

    Hurra, ein dickes Brett ist gebohrt. Ich war eine der 4 Teilnehmer im Rollstuhl. Und auch ich hatte schon fast nicht mehr geglaubt, dass es uns gelingen würde, am Kiellauf teilnehmen zu dürfen. Ganz und gar inklusiv wird die Sache dann, wenn wir im nächsten Jahr auch noch selber entscheiden dürfen, auf welcher Strecke wir starten. Und ich hoffe, der Kiellauf wird zum Vorbild für andere Volksläufe in Kiel und Umgebung: Wenn Inklusion bei Zippels klappt, dann trauen sich vielleicht auch andere Veranstalter.

    Übrigens, der erste inklusive Lauf war der Kiellauf nun auch wieder nicht. Ich bin u. a. schon beim Famila-Kiel-Lauf, beim Krooger Waldlauf und beim Plöner See Lauf mitten im Läuferfeld gestartet. Dennoch, ein Meilenstein auf dem langen, steinigen Weg mit dem Ziel Inklusion.

  2. InklusioKiel says

    Danke für den Kommentar, Sabine!

    Es war der erste vom DLV genehmigte Lauf, der inklusiv war. Das ist bisher wohl einmalig in Deutschland!

  3. Daniela says

    Ich finde es ganz großartig, dass der Kiellauf jetzt auch für Rollstuhlfahrer geöffnet ist und ich hatte auch überlegt, dabei zu sein. Ich bin aber leider nur gelegentlich in Kiel und es passte nicht.
    Mir stellt sich aber die Frage: Waren E-Rollstühle und vor allem Rennrollstühle erlaubt? Wenn ich die Ausschreibung richtig im Kopf habe, war da nur von Alltagsrollstühlen die Rede und alles andere explizit ausgeschlossen? Dann finde ich es wirklich unklug, mit eben solchen an den Start zu gehen, da es den Veranstalter möglicherweise zum Umdenken bewegen könnte. Sich nicht an die Regeln halten, ist halt auch für uns nicht in Ordnung! Zudem es auch wirklich eine Sportveranstaltung ist und ein Rennrollstuhl im Gegensatz zum Alltagsrollstuhl einen sehr unfairen Wettbewerbsvorteil bietet. Rennrollstuhlfahrer starten bei anderen Läufen vor dem Feld, was fair u. für alle ungefährlicher ist. Sie sind schneller und daher kann ein Aktivrollstuhlfahrer die Rolliwertung kaum gewinnen…

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